Gedenkstättenfahrt der Jahrgangsstufe 10 nach Straßburg

Gedenkstättenfahrt der Jahrgangsstufe 10 nach Straßburg

 


Die Klassen 10a & 10d mit HAN, PIL, STOE, WEN

Vom 1.7. bis 4.7. machte die Jahrgangsstufe 10 (Klassen 10 a-d) eine Gedenkstättenfahrt, welche seit diesem Jahr fester Bestandteil des schulischen Fahrtenprogramms ist. In diesem Jahr sollte die Fahrt nach Straßburg gehen. Auf dem Programm standen sowohl eine Stadtführung als auch der Besuch des ehemaligen Konzentrationslagers Natzweiler-Struthof und der Kriegsgräberstätte Straßburg-Cronenbourg. Eine Führung durch das Europaparlament durfte nicht fehlen. 
Im Folgenden berichtet eine Schülergruppe in Form eines Erfahrungsberichts von ihrem Besuch im Arbeitslager:

Am 2. Juli 2024 besichtigte die Stufe 10 des Burggymnasiums Altena das Arbeitslager Natzweiler-Struthof. Wir werden nun darüber berichten und unsere Eindrücke schildern.  

 Zuerst passierten wir einen Nebeneingang unmittelbar neben dem Eingangstor. Dieses war umringt von Stacheldraht. Wir fühlten uns unbehaglich, denn wir wussten, dass viele Menschen durch dieses Tor gehen mussten, hinein in ein Leben voller Angst und Qualen. 

Anschließend stiegen wir sogenannte Lagertreppen hinab. Die Lagertreppen, bestehend aus Granitblöcken, die die Deportierten herantragen mussten, waren eine Qual für sie. Das Erklimmen erforderte sehr viel Kraft und die Deportierten mussten Prügel erleiden, wenn sie es nicht schafften. Wir konnten uns nicht vorstellen, wie viel Leid die Deportierten ertragen mussten, wenn sie sich ohne Kraft dort hinaufschleppten, getrieben von den SS-Leuten. 

Danach sahen wir einen Galgen, an dem die Deportierten qualvoll erhängt wurden. Wir realisierten in diesem Moment, wie schrecklich das dortige Leben gewesen sein musste. Außerdem war der Galgen so zentral platziert, dass jeder im Lager ihn sehen konnte. Eine Abschreckung für die Gefangen, welche durch pure Angst und Grausamkeit kontrolliert wurden. 

Wir liefen weiter und kamen zu den Zellenbaracken oder auch „Arrest-Bunker“ genannt. In diesen wurden die Deportierten eingesperrt. Sie bekamen wenig Essen und saßen zu mehreren in einer Zelle, die nicht groß war. In dem Bunker wurden viele zum Tode verurteilte Deportierten ermordet. Keiner von uns konnte sich vorstellen, was für Qualen die Menschen ertragen mussten und wie es möglich war, die ganze Zeit über in Angst und Schrecken zu leben.  

In den Zellenbaracken befand sich der Prügelblock, der eine Strafe war, die öffentlich verhängt wurde. Er stand auf einem Appellplatz. Die Folteropfer mussten Schläge mit zum Beispiel einer Peitsche ertragen und dabei auf Deutsch mitzählen. Wenn sich die Folteropfer jedoch verzählten, mussten sie von vorne beginnen. Falls jemand dabei ohnmächtig wurde, bekam die Person einen Eimer Wasser übergeschüttet und wurde weiter verprügelt. Diese Grausamkeiten waren uns nicht verständlich. Wir fragten uns, wie Menschen andere Menschen so leiden lassen konnten. 

Anschließend gingen wir zu der Krematoriumsbaracke. Im westlichen Bereich des Blocks, nahm man den Deportierten ihre Sachen weg und rasierte sie kahl, um das Lager vor Läusen und der Übertragung von Krankheiten zu schützen. Die Haare wurden an die Textilindustrie verkauft, um Geld zu verdienen. Im Anschluss wurden die Gefangenen mit Kresol desinfiziert, geduscht, bekamen Häftlingskleidung, ihr Dreieck und ihre Nummer. Diese Entwürdigung finden wir sehr unmenschlich und konnten nicht verstehen, wie man auf so widerliche Art und Weise Kontrolle über Menschen übernahm. Wenn es so schwer für uns ist, Berichten der Geschehnisse dieses Ortes allein zu zuhören, wie muss es dann für die Gefangenen gewesen sein? Reduziert auf nichts als eine Nummer, abgemagert, missbraucht und verloren. 

Im letzten Flügel des Blocks wurden medizinische Versuche an Juden, Zigeunern, Kriminellen, Homosexuellen und an politischen Gegnern durchgeführt. Das Büro der zuständigen Ärzte war neben dem Autopsieraum, dort stand ein gefliester Tisch mit Rillen, damit das Blut abfließen konnte. Im Nebenraum wurden die Opfer zur Operation unter Bewachung eingesperrt. Dort wurden sie obduziert und anschließend verbrannt. Die im Untergeschoss gelagerten Leichen wurden dann mit Lastenaufzügen hochgeholt. Bevor dies geschah, wurden ihnen Gold- und Silberzähne herausgebrochen und sie wurden nacheinander auf eine Metallrutsche am Ofen gelegt. Die Verbrennung dauerte ungefähr eine halbe Stunde und die entstehende Abwärme heizte einen Warmwasserbehälter, welcher an die Duschen angeschlossen war, die von den Soldaten genutzt wurden. Der letzte Raum des Gebäudes, den wir sahen, war der mit dem großen Ofen. Wir standen nur mit einem Fuß im Raum und versuchten, nicht sofort wieder umzukehren. Es roch verbrannt und nach etwas, das wir nur mit dem Wort „Tod“ verbinden können. Es war ein Geruch, den wir nie vergessen werden und es brauchte all unsere Willenskraft, um nicht direkt zu weinen. An diesem Ort wurden Leichen, aber auch lebendige Gefangene verbrannt und bis heute sind die Folgen davon noch klar sichtbar.

Einige weitere Räume wurden für Exekutionen benutzt, wie zum Beispiel Erschießen, Erhängen oder ein Eingriff mit der Giftspritze. Die Widerstandskämpfer, welche dort ihr tragisches Ende fanden, wurden nichtmal in die Liste der Deportierten aufgeführt, sie wurden einfach verschwiegen. In einem der Räume kann das Blut gut durch den abschüssigen Boden abfließen, somit konnten die Spuren der Exekutionen gut gereinigt werden. Diese taktische Vorgehensweise erschrak uns, denn noch über den Tod hinaus wurde mit den Opfern Geld gemacht, was sie endgültig entmenschlichte.  

Wir erfuhren, dass die Amerikaner in das Lager eindrangen und dort Urnen aus verschiedenen Materialien fanden. Die Nazis füllten dort die Asche der Deportierten hinein. Das Schlimme an diesem Vorhaben war, dass die Angehörigen die Asche unter anderem auch für mehr als Hundert Reichsmark kaufen konnten. Außerdem war nicht einmal gewährleistet, dass dies auch die Asche ihrer Angehörigen war. Damals hatten die SS-Leute keinen Respekt vor den Toten, da deren Asche unter anderem auch als Dünger verwendet wurde- allerdings gab es diesen Respekt auch vor den Lebenden nicht. Der Rest der Asche wurde einfach in die Grube geworfen, genauso wie die Abfälle der Lagertoiletten. Diese Zusammenfügung von Asche und Abfall ist selbst nach dem Tod entwürdigend. Je weiter wir gingen, desto fester drückte wir gegenseitig unsere Hände. Der Gedanke und das Wissen, dass es einst Personen gab, die die Macht und Motivation hatten, jene Taten zu begehen und ohne zu blinzeln auszuführen, ist schmerzhaft.

Die Gegend war aufgrund der natürlichen Umgebung bereits vor dem Krieg bekannt. Zusätzlich dazu kamen Ski- und Rodelpisten, sowie Wanderwege, wodurch der in 1905 errichte Gasthof zu einem beliebten Ausflugsort wurde- ein Kontrast zu den Schrecken, die in Zukunft an diesem Ort stattfinden sollten. In 1941 haben die Nazis den Gasthof beschlagnahmt und zum Sitz der Generalkommandantur des Arbeitslagers Natzweiler-Struthof gemacht. Ein Jahr später, in 1942, wurde in einem Nebengebäude die alte Kühlkammer zu einer Gaskammer umfunktioniert. Wir selber konnten diese im Originalzustand mit eigenen Augen sehen. Der Gedanke daran, dass es nicht nur zur Tötung, sondern auch als Möglichkeit für weitere wissenschaftliche Versuche an den Menschen diente, wirkt unvorstellbar. 

 

Was haben die Gefangenen in diesen letzten Momenten ihres Lebens gefühlt? Was mussten diese armen Menschen ertragen, nur um dem unrealistischen Traum einer Gruppe von Tyrannen zu entsprechen? 

Je öfter ich das Leid der Gefangenen an realen Beispielen sah, desto stärker wurde mir bewusst, was genau ich alles besitze und wie wenig ich dies schätze. Es fühlte sich falsch an, zu weinen, immerhin waren wir nicht die Personen, die diese Qual ertragen mussten, aber es überzeugte mich in meiner Annahme nur noch mehr. 

Was ich dort gesehen habe, darf sich auf keinen Fall wiederholen. Nicht jetzt und auch nicht in aller Zukunft. Wir dürfen unseren Frieden nicht für eine hasserfüllte Zukunft verschenken. Immerhin ist Frieden ein Geschenk, und Geschenke gibt man nicht zurück.“

Text: Chiara Zimatt, Laura Meulenberg, Sarah Sieling, Elena Cemberecki

 

 

 
Eingangstor KZ Natzweiler-Struthof

 


Der Galgen

 


Der Ofen im Krematorium

 


Die Aschegrube

 


Kriegsgräberstätte Straßburg-Cronenbourg

 


Das Europaparlament in Straßburg

 

Der Besuch des Arbeitslagers ist eine Erfahrung, die allen eindringlich in Erinnerung bleiben wird. Am Folgetag besuchten wir die Kriegsgräberstätte Straßburg-Cronenbourg, auf dem die Soldaten beider Lager ihre letzte Ruhe finden. Der Friedhof steht im Zeichen der deutsch-französischen Freundschaft. Im Anschluss wurden wir durch das Europaparlament geführt. Insgesamt handelte es sich um eine Klassenfahrt, die viele schöne Momente beinhaltete, die die Gemeinschaft der Klasse als auch gesamten Stufe nachhaltig stärken konnte. Im Fokus standen dabei allerdings die lehrreichen Erfahrungen, die jeden von uns zum Nachdenken anregen konnten.

 Einleitungs- und Schlusstext: J. Stoetzel, F. Pilz und C. Wennrich

Bilder:  Die Fotos entstanden während des Besuchs.

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