Jugendliche: „Ohne Auto geht es hier nicht“

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Von: Volker Heyn

 

Manfred Grod von der Verkehrswacht Unna hatte einen Bremssimulator mitgebracht. Auf dem PC läuft eine Verkehrssituation, dann klingelt unvermittelt das Handy und eine Person läuft über die Straße. Der Schüler muss richtig mit Bremse und Gas reagieren.

Manfred Grod von der Verkehrswacht Unna hatte einen Bremssimulator mitgebracht. Auf dem PC läuft eine Verkehrssituation, dann klingelt unvermittelt das Handy und eine Person läuft über die Straße. Der Schüler muss richtig mit Bremse und Gas reagieren. © HEYN

 

 

Trotz eines ausgeprägten Umweltbewusstseins geht es nach Meinung von jugendlichen Schülerinnen und Schülern des Burggymnasiums nicht ohne Auto. Nahezu alle der 105 Jungen und Mädchen der Oberstufe wollen eine Fahrerlaubnis oder haben sie schon. Begleitetes Fahren ab 17 Jahre scheint selbstverständlich, wer will und kann, fährt ab 16 Jahre mit einem Motorrad.

Altena – Damit es im Straßenverkehr zukünftig glimpflich abgeht, veranstaltet das Altenaer Burggymnasium seit mehr als einem Jahrzehnt einen so genannten Expertentag für Verkehrssicherheit an der Schule. In der Vergangenheit hat das Lehrerin Sabina Fischer vom BGA gemeinsam mit Diana Czech vom Märkischen Kreis organisiert. Dienstag vor den Sommerferien fand wieder so ein Expertentag am BGA statt. Rund 80 Schülerinnen und Schüler aus der Oberstufe nahmen daran teil.

Zwar war der geplante Betrieb eines Aufprallsimulators auf dem Parkdeck kurzfristig nicht zustande gekommen, dafür gab es aber anschauliche Vorträge von Rettungssanitäter Milo Crico, dem Polizeikommissar Patrick Verschueren, dem ehemaligen Oberstaatsanwalt Wolfgang Rahmer und einem Senior-Verkehrswachtler.

Diese fünf Jugendlichen vom Burggymnasium sehen für ihr Fortkommen in Altena und Umgebung erstmal keine Alternative zu Autofahren und Führerschein: Lea, 17, aus Werdohl; Tom, 16, wohnt im Mühlendorf; Leonie, 17, aus Evingsen; Felix, 17, aus dem Mühlendorf und Ben, 17, aus Evingsen.
Diese fünf Jugendlichen vom Burggymnasium sehen für ihr Fortkommen in Altena und Umgebung erstmal keine Alternative zu Autofahren und Führerschein: Lea, 17, aus Werdohl; Tom, 16, wohnt im Mühlendorf; Leonie, 17, aus Evingsen; Felix, 17, aus dem Mühlendorf und Ben, 17, aus Evingsen. © HEYN

 

Dass dabei teilweise erheblich ältere Männer von ihren Erfahrungen und Erlebnissen gegenüber den Schülerinnen und Schülern sprachen, gab dem Vormittag einen besonderen Reiz. Die 80 Jugendlichen durchliefen alle vier Stationen mit je einer Schulstunde, dann war der Vormittag herum. Dass es zum Abschluss einen Probealarm für die ganze Schule gab, stand zwar in keinem Bezug, rundete den Expertentag allerdings auf eine besondere Art und Weise ab.

In einer Pause standen Lea, 17, aus Werdohl; Tom, 16, aus dem Altenaer Mühlendorf; Leonie, 17, aus Evingsen; Felix, 17, aus dem Mühlendorf und Ben, 17, aus Evingsen zu einem Gespräch zur Verfügung. Alle sind aus der Jahrgangsstufe elf und werden im nächsten Jahr das Abitur anstreben. Für sie geht in Zukunft nichts ohne Auto, alle warten auf ihre Führerscheinprüfung oder haben sie schon absolviert. Nur ganz wenige aus der Stufe, so ihre Einschätzung, kommen mit dem Fahrrad oder dem E-Bike zur Schule. Der Bus ist die erste Wahl, aus Richtung Werdohl kommt die Bahn. Fahrrad als Verkehrsmittel kommt für kaum jemanden in Frage. Auch Lehrerin Sabina Fischer sieht das so: „Ich möchte auf keinen Fall die enge B 236 mit dem Fahrrad befahren. Das ist mir zu gefährlich.“ Radwege fehlten. Freunde von BGA’lern, die in Großstädten leben, würden vielleicht ohne Auto auskommen. Aber nicht in Altena, und schon gar nicht in Affeln, Evingsen oder Wiblingwerde. Die Verbindungen zur Schule seien gut, aber wer erst nach der 10. Stunde um 16.20 Uhr Schulschluss hat, ist in Werdohl erst um 17.30 Uhr auf dem heimischen Sofa.

Rettungsassistent Milo Crico von der Rettungswache Meinerzhagen des Märkischen Kreises berichtete den Schülerinnen und Schülern am BGA anschaulich über seine Erfahrungen an typischen Unfallschwerpunkten im Kreisgebiet. Auch Lehrerin Sabina Fischer (an der Tür) hörte aufmerksam zu.
Rettungsassistent Milo Crico von der Rettungswache Meinerzhagen des Märkischen Kreises berichtete den Schülerinnen und Schülern am BGA anschaulich über seine Erfahrungen an typischen Unfallschwerpunkten im Kreisgebiet. Auch Lehrerin Sabina Fischer (an der Tür) hörte aufmerksam zu. © Heyn

„Hier auf dem Land macht so gut wie jeder schon Führerschein mit 17“, erzählt einer der Jungs. Tom, 16, hat in einer Woche seine praktische Prüfung. Auch das ist eine Erfahrung: Die Fahrschulen und vor allem die Tüv-Prüfer bei den Fahrprüfungen haben zu wenige freie Termine. Für die Prüfungen gibt es zum Teil lange Wartezeiten. Vor allem die Corona-Zeit sorge immer noch für Riesen-Staus bei den Fahrschulen. Der einfache Autoführerschein ist heute die Fahrerlaubnis „B“. Ein Motorrad mit bis zu 125 Kubikzentimetern Hubraum kann man schon mit 16 Jahren fahren, das ist die Fahrerlaubnis „A1“. Das ist kein Moped mehr, sondern ein Zweirad, das locker 100 Stundenkilometer schafft. Mit 16 kann man da schon ordentlich Gas geben, meist sind das Jungs, seltener Mädchen.

Manfred Grod von der Kreisverkehrswacht Unna ist einer von den älteren Männern, der den Jugendlichen an diesem Morgen eine Menge beibringen können. Das Setting sieht eher aus wie ein PC-Spiel: Auf dem Boden eine Box mit Brems- und Gaspedal, ein Laptop, ein aufgestelltes Tablet, das ein Handy während der Fahrt darstellen soll. Auf dem Bildschirm laufen nacheinander zwölf realistische Simulationen im Straßenverkehr, bei denen Menschen umgekommen sind. Der Schüler vor dem Laptop soll nur fahren oder bremsen, lenken ist gar nicht nötig. Unvermittelt klingelt das Handy, empfängt eine Nachricht und lenkt in jedem Fall die Konzentration des Fahrers auf sich. Der Proband reagiert aufs Handy, in dem Moment läuft ein Mensch über die Straße. Rechtzeitiges Bremsen ist schwierig oder unmöglich, das Handy blockiert das Geschehen auf der Straße: Die querende Person wäre dann tot oder schwerst verletzt.

Eindruck bei den jungen Leuten hinterlässt auch Milo Crico, Rettungsassistent in der Wache Meinerzhagen. Der 59-jährige Familienvater wohnt in Lüdenscheid und erzählt den Fahranfängern ehrenamtlich von seinen Erlebnissen bei schlimmen und allerschlimmsten Unfällen. Mit Bildern von katastrophalen Autounfällen und nüchterner, fast schon technischer Sprache erreicht er die Jungen und Mädchen. Auch Lehrerin Sabina Fischer hört mit ernstem Blick zu.

Crico erzählt ganz zum Ende, wie einfach und wie schön es für ihn ist, einem Baby auf die Welt zu helfen. Er schließt seinen Vortrag mit dem Foto eines weiblichen Beckens, das eigentlich das Ungeborene schützen soll. „Bei dem Unfall war das Becken zertrümmert, der Mann, die werdende Mutter, das Baby, alle drei tot.“ Schweigen in der Klasse.

 

Bild und Text: V. Heyn (AK)

Quelle: https://www.come-on.de/lennetal/altena/ohne-auto-geht-es-hier-nicht-92353688.html (Zugriff am 21.06.2023).

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